Was alles für den Plug-in-Hybrid spricht

Negativ-Studie wird relativiert

Was alles für den Plug-in-Hybrid spricht

17. Februar 2022 agvs-upsa.ch – Als ideale Technologie für den Übergang zur Elektromobilität erfreuen sich Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge einer grossen Beliebtheit – die Zuwachszahlen sprechen für sich. Aktuell stehen sie in der Kritik, weil ein Teil deren Besitzer die Batterie zu wenig häufig aufladen. Zur Unterstützung seiner Mitglieder hat der Geschäftsbereich Branchenvertretung des AGVS jetzt ein Factsheet verfasst, das in der Argumentation hilft.
 
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Quelle: Volvo

kro. «Steuerprivileg für ‘Schummel-Autos’ wankt»: Bei der Schlagzeile im «Tages-Anzeiger» und in der «Basler Zeitung» vom Dienstag, 15. Februar, geht es um Plug-in-Hybride. Sie wurden innerhalb kurzer Zeit von einem sinnvollen Beitrag zur Reduktion des CO2-Ausstosses im motorisierten Personenverkehr und einem eleganten Einstieg in die Elektromobilität zum Prügelknaben von Politik und Medien. Nicht Auslöser, aber sozusagen «Brandbeschleuniger» dieser Entwicklung ist eine Studie des Unternehmens «Impact Living» aus Yverdon im Auftrag des Kantons Wallis. Sie zeigt auf, dass die Ökobilanz von Plug-in-Hybriden «deutlich schlechter ist, als es die Hersteller kommunizieren». Im Vergleich zu den Angaben der Produzenten stossen Plug-in-Hybride gemäss der Studie 116 Prozent mehr CO2-Emissionen aus – mehr als doppelt so viel, wie angenommen. Die Studie kommt zum Schluss: «Plug-in-Hybridfahrzeuge sind weit von ihrem Versprechen entfernt und bieten nur sehr geringe oder gar keine Vorteile gegenüber Autos mit Verbrennungsmotor.» Marc Mueller, Mitautor der Studie, spricht «quasi von einem Steuerbetrug». 
 
In 15 Kantonen werden heute Plug-in-Hybridfahrzeuge entweder direkt, aufgrund der Energieetikette oder ihres CO2-Ausstosses, steuerlich bevorzugt behandelt. Die «Impact Living»-Studie gerät zeitlich nun mitten in eine Diskussion über die Anpassung der Motorfahrzeugsteuern, die in verschiedenen Kantonen geführt wird, namentlich in Zug. So wird der zuständige Zuger Regierungsrat Beat Villiger mit den Worten zitiert: «Wir werden dabei die Resultate der Walliser Studie in unsere Überlegungen miteinbeziehen und dabei auch die Besteuerung von Plug-in-Hybriden prüfen.» Der Kanton Wallis seinerseits hat die Vorzugsbehandlung für Plug-in-Hybride bereits auf Anfang des laufenden Jahres abgeschafft. Es ist anzunehmen, dass allfällige Entscheide Signalwirkung auf andere Kantone haben werden, auch wenn die Stimmbevölkerung des Kantons Basel-Landschaft kürzlich ein solches Ansinnen abgelehnt hat. Parallel dazu bemüht sich Nationalrat Stefan Müller-Altermatt (Die Mitte) darum, die unterschiedlichen kantonalen Regelungen auf nationaler Ebene zu harmonisieren. Nebst der an sich begrüssenswerten Harmonisierung hat Müller-Altermatt aber auch noch ein anderes Ziel: ein Ende der Steuerrabatte für Plug-in-Hybride. Sein Vorstoss kommt voraussichtlich diesen Sommer in den Ständerat.
 
Ebenso ist davon auszugehen, dass Garagisten aufgrund der aktuellen Entwicklung in nächster Zeit häufiger auf dieses Thema angesprochen werden. Im AGVS-Geschäftsbereich Branchenvertretung und Dienstleistungen hat man sich auf diese Diskussion bereits vorbereitet. Markus Peter, Leiter Technik & Umwelt, hat dazu ein kompaktes Factsheet («Stärken und Schwächen von Plug-in-Hybriden») erstellt. Es steht den AGVS-Mitgliedern als Unterstützung in Verkaufsgesprächen zur Verfügung. 
 
Die wichtigsten Argumente auf einen Blick:
  • Die Kombination aus Verbrennungsmotor und vollwertigem Elektroantrieb ermöglicht einen äusserst vielseitigen und flexiblen Einsatz.
     
  • Wer im Alltag in der Regel nicht mehr als 50 Kilometer am Stück zurücklegt und die Ladestationen zu Hause bzw. am Arbeitsplatz nutzt, kann mit Plug-in-Hybriden weitgehend emissionsfrei und kostengünstig unterwegs sein.
     
  • Für gelegentliche Fahrten über längere Strecken stellt der Plug-in-Hybrid-Antrieb eine komfortable Variante dar, die bei knapper Reisezeit sowie bei fehlenden oder besetzten Schnell-Ladestationen ein unbeschwertes und spontanes Reisen ermöglicht.
     
  • Plug-in-Hybride ermöglichen die zumindest teilweise Elektrifizierung in Fahrzeugsegmenten, bei denen der reine Elektroantrieb (noch) schwach vertreten ist, z.B. Geländewagen.
     
  • Plug-in-Hybride bieten eine interessante Lösung für Personen, die (noch) nicht vollständig auf einen Verbrennungsmotor verzichten möchten.
     
  • Plug-in-Hybride eignen sich ideal als «Brückentechnologie» vor einem späteren Wechsel zu einem reinen Elektrofahrzeug und ermöglichen einen «sanften» Einstieg in die Elektromobilität.
     
  • Nach wie vor vorhandene Unsicherheiten bezüglich Reichweite und Lademöglichkeit verlieren mit Plug-in-Hybriden an Bedeutung.
     
  • Die im Vergleich zu reinen Elektrofahrzeugen kleinere und leichtere Hochvolt-Batterie weist einen geringeren Bedarf an kritischen Rohstoffen (seltene Erden, Lithium, Kobalt) auf.
     
  • Richtig eingesetzt, d.h. regelmässig mit erneuerbarem Strom aufgeladen und mehrheitlich im Elektromodus betrieben, kann ein Plug-in-Hybrid-Fahrzeug einen günstigen ökologischen Fussabdruck aufweisen.
 
Nach Auflistung aller Vorteile und Herausforderungen zum Thema Plug-in-Hybrid zieht Markus Peter die folgende Bilanz: Vor dem Angebot und Verkauf eines Plug-in-Hybrid-Fahrzeuges sollte der Verkaufsberater die individuellen Mobilitätsbedürfnisse des Kunden berücksichtigen. «Ebenso entscheidend ist zu klären, welchen Zugang der Kunde zu Ladestationen bereits hat oder sich mit dem Fahrzeugkauf einrichten lassen will.» Stärker denn je gelte bei Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen die Devise, «dass Interessenten für ein neues Fahrzeug auf eine professionelle Beratung durch die AGVS-Garagisten angewiesen sind.» Durch eine fundierte und vertrauensvolle Beratung könnten die AGVS-Garagisten sowohl beim Neuwagenkauf und gerade auch beim Gebrauchtwagenkauf eine wertvolle Unterstützung bieten.
 
«Ich empfehle eine sachliche Diskussion»
Der effektive Verbrauch von Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen hängt primär vom Nutzungsverhalten der Besitzer ab. Markus Peter vom AGVS rät den Garagisten, im Verkaufsgespräch auf diesen Umstand aufmerksam zu machen.

Markus Peter, Plug-in-Hybride sind aktuell im Schussfeld von Politik und Medien. Wie konnte das kommen?
Markus Peter: 
Ohne technisches Verständnis dieser Antriebstechnologie besteht das Risiko, dass Normwerte für CO2-Emissionen seitens Politik und Medien als zugesicherte Eigenschaften interpretiert werden, was dann bei einer anderen Praxiserfahrung zur aktuellen Empörung führen kann. Hängen daran, wie aktuell, Emissionsziele, Bonuszahlungen oder Steuererleichterungen, kann die Sinnhaftigkeit der Verwendung von theoretischen Normwerten durchaus hinterfragt werden. Konsequenterweise müsste dann jedoch auch hinterfragt werden, ob die alleinige Berücksichtigung des Fahrbetriebs für die Bestimmung der CO2-Emissionen sinnvoll ist. Weitaus exakter und fairer wäre ein Ansatz, der zusätzlich auch die Emissionen aus Fahrzeugherstellung, Entsorgung sowie Energiebereitstellung berücksichtigen würde. Mit diesem Ansatz wird man feststellen, dass weniger die eigentliche Antriebstechnologie, sondern viel eher die Art der Energiebereitstellung – also fossil oder erneuerbar – massgebend sind für den CO2-Ausstoss.

Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen dieser Technologie aus Sicht der Käufer als auch aus Sicht der Verkäufer?
Der hohe Komfort und die grosse Flexibilität von Plug-In-Hybriden sind Vorteil und Herausforderung zugleich. Man kann mit diesen Fahrzeugen rein elektrisch unterwegs sein, muss es aber nicht. Anders gesagt: Wer zu bequem ist oder gar keine Möglichkeit hat, das Fahrzeug regelmässig an der Ladestation aufzuladen, kann es nur im Verbrennungs- bzw. Hybridmodus nutzen. Dies macht sich zwar im Portemonnaie in Folge höherer Treibstoffkosten bemerkbar, wird aber wohl gerne akzeptiert. Insbesondere dann, wenn es sich dabei z.B. um einen Firmenwagen handelt, bei dem der Nutzer den Treibstoff nicht selber bezahlen muss.

Von Herstellern wird der Plug-in-Hybrid gerne als «Brückentechnologie bezeichnet. Wie lange schätzen Sie diese Brücke? 
Der Plug-In-Hybrid bietet einen «sanften» Einstieg in die Elektromobilität und ermöglicht die zumindest teilweise Elektrifizierung in Fahrzeug-Segmenten, bei denen man noch nicht ganz auf einen Verbrennungsmotor verzichten möchte. Dies kann daran liegen, dass der Hersteller ein Fahrzeug mit hoher Leistung, Reichweite und Flexibilität anbieten möchte oder dass die Kunden noch nicht bereit sind für ein reines Elektroauto. Man darf nicht vergessen, dass viele Fahrzeuge in Tiefgaragen oder auf Aussenparkplätzen abgestellt werden, die (noch) nicht über die erforderliche Ladeinfrastruktur verfügen. Der Plug-In-Hybrid bietet diesbezüglich Sicherheit und Flexibilität, gerade auch für Reisen ausserhalb der gewohnten Routen und Parkplätze. Ich gehe davon aus, dass sich der Marktanteil reiner Elektroautos in den nächsten 5-10 Jahren weiter steigern wird. Dies vor allem zu Lasten konventioneller Verbrenner-Autos, aber mit der Zeit voraussichtlich auch zu Lasten der Plug-In-Hybride.


Eine der Herausforderungen, die sich in diesem Zusammenhang sowohl für den Käufer als auch für den Verkäufer stellt, ist jene nach dem Restwert von solchen Fahrzeugen? Wie sehen Sie hier die Entwicklung?
Insbesondere reine Elektroautos und je nach Region auch Plug-In-Hybride profitieren beim Erstkauf und während der ersten Jahre von Unterstützungsmassnahmen in Form von Kaufprämien, geringeren Steuern etc. Dementsprechend weisen die Fahrzeuge gegenüber den Listenpreisen einen tendenziell stärkeren Rückgang des Wiederverkaufswertes auf. Eine grosse Herausforderung können dabei die hohen Förderbeiträge auf im Ausland zugelassene Fahrzeuge darstellen, welche dann früher oder später als günstige Gebrauchtwagen in die Schweiz gelangen. Weniger kritisch als bei reinen Elektrofahrzeugen sehe ich den Wertverlust in Folge der relativ schnellen technischen Weiterentwicklung des elektrischen Antriebsstranges inklusive Hochvolt-Batterie. Dementsprechend ist die reine elektrische Reichweite für die Bestimmung des Restwertes aus Verkäufer- bzw. Käufer-Sicht weniger relevant als bei reinen Stromern.

Wie kann der Garagist in einem solchen Umfeld jetzt argumentieren?
Ich empfehle eine sachliche Diskussion, bei der die persönliche Situation des Kunden im Vordergrund steht. Die Frage nach den üblichen Fahrstrecken sowie den Möglichkeiten, die Antriebsbatterie regelmässig aufzuladen, stehen dabei am Anfang und werden ergänzt mit weiteren Fragen zum Einsatzzweck, beispielsweise ob ein Allradantrieb oder eine Anhängerkupplung benötigt wird. Das Factsheet des AGVS kann dabei als gute Gesprächsgrundlage dienen.
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