Wie die Digitalisierung ­alles schneller macht

Cardossier: cleveres Ökosystem

Wie die Digitalisierung ­alles schneller macht

10. Februar 2025 agsv-upsa.ch – Noch schnell Halterin oder Halter eines Fahrzeugs wechseln samt Versicherungsnachweis – und das ­ausserhalb der ­Öffnungszeiten des Strassenverkehrsamts? Kein unerfüllter Wunschtraum von Garagen, sondern dank ­Cardossier Realität. Das Netzwerk, an dessen Entwicklung auch der AGVS beteiligt ist, hat viele Vorteile. Jürg A. Stettler


Markus Dubler von der Erwin Dubler AG in Wohlen AG schätzt die Vereinfachungen im Alltag dank Cardossier enorm. Fotos: AGVS-Medien

Cardossier und die Idee dahinter, dass der gesamte Lebenszyklus eines Fahrzeugs nachvollziehbar wird und verschiedene Unternehmen auf diese sicher und dezentral abgelegten Daten zugreifen können, entstand eigentlich schon 2016. Damals lancierte die Adnovum Informatik AG mit der Universität Zürich, der Hochschule Luzern, der Amag, der AXA, Mobility sowie dem Strassenverkehrsamt Aargau das Innosuisse-Forschungsprojekt. Für die Bewirtschaftung von Cardossier erfolgte im März 2019 ein Zusammenschluss zu einem Non-Profit-Verein, an dem auch der AGVS aktiv mitarbeitet. In den letzten fast sechs Jahren ist viel passiert und die Forschungsidee zu einer Plattform gereift, die den Datenaustausch und die Abwicklung unternehmensübergreifender Prozesse der Autobranche ermöglicht und vereinfacht – und zwar schweizweit.
 






Jenny Peurois, Head of Innovation Transportation & Logistics bei der Adnovum AG



Klingt kompliziert, ist aber einfach
«Cardossier wird so zu einem Katalysator für die Digitalisierung der gesamten Branche», verrät Jenny Peurois, Head of Innovation Transportation & Logistics bei der Adnovum AG. «Cardossier ermöglicht ausserdem die digitale Vernetzung unterschiedlichster Firmen – von Verkaufsplattformen und Importeuren über Versicherer bis hin zu Garagen. Dabei werden die bestehenden Software-Systeme wie beispielsweise der Garagenarbeitsplatz und die Fachapplikation des Versicherers oder des Strassenverkehrsamts über eine schweizweit standardisierte Schnittstelle vernetzt.» Von der Anfrage eines Versicherungsnachweises bis zur Meldung beim Strassenverkehrsamt kann dank Cardossier so beispielsweise der Prozess der Fahrzeugeinlösung und Inverkehrsetzung harmonisiert und vereinfacht werden.

Möglich macht dies die sogenannte DLT, kurz für «Distributed Ledger Technology», und damit ein digitales Aufzeichnungssystem, das man auch von Kryptowährungen kennt und mit dem sich die Bewegungen von Werten und Infos dank dezentraler Speicherung lückenlos und sicher nachverfolgen lassen. Klingt kompliziert, vereinfacht aber vieles enorm. Dies bestätigen auch AGVS-Mitglieder, welche das System bereits regelmässig nutzen. «Seitdem wir die elektronische Vorläufige Inverkehrssetzung – kurz eVIV – über Cardossier nutzen, konnten wir unseren Zeitaufwand für Disposition und Verkauf um durchschnittlich 70 Prozent reduzieren», erläutert David Schweizer, Geschäftsführer der P. Schweizer AG aus Liestal BL. «Das Portal hat unsere administrativen Arbeiten deutlich reduziert und trägt wesentlich zur Optimierung unserer Prozesse bei.»


Ein Vorteil der provisorischen Verkehrsberechtigung mit wenigen Klicks ist nicht nur die Zeitersparnis, ­sondern vor allem auch das direkte Feedback vom Strassenverkehrsamt.

Versicherungen als Teil des ­Ökosystems
Jenny Peurois vom Plattformbetreiber Adnovum ergänzt: «Bei Cardossier werden nur die Daten ausgetauscht, die man austauschen will. Da hat nicht plötzlich ein die Konkurrenz oder der Importeur Zugriff auf Informationen einer Garage. Das ganze Ökosystem ist so aufgebaut, dass niemand mehr als die nötigen Daten erhält.» Jedem am Netzwerk teilnehmenden Betrieb wird daher ein eigener, sogenannter Node zugeteilt, welcher die gesamte Kommunikation zu den anderen Firmen sicherstellt und standardisiert. IT-Spezialistin Peurois weisst auf einen weiteren Vorteil hin: «Bei unserem Portal sind gegenüber E-Government-Lösungen auch die Versicherer ins System integriert. Das macht den ganzen Prozess eines Halterwechsels und der Einlösung viel effizienter.» 

Um diese Vereinfachungen für alle Beteiligten zu erreichen, wurde bei Cardossier auch intensiv mit Garagistinnen und Garagisten gesprochen und so die Idee von der Theorie zur Praxisreife gebracht. Einer, der schon bei der Pilotphase mit dabei war, ist Markus Dubler von der Erwin Dubler AG in Wohlen AG. Der Geschäftsführer verrät: «Ich finde es super, dass man sich die ganzen Anrufe an die Versicherer so sparen kann und nicht mehr minutenlang in einer Warteschleife hängt. Nun erfasst man alle Daten zu Fahrzeug sowie Fahrer oder Halter, und hat dann mit wenigen Klicks alle Dokumente bis hin zum provisorischen Versicherungsnachweis im Handumdrehen als PDF zusammen.» Markus Dubler übernahm 2023 mit seinen Brüdern Andreas und Denis Dubler sowie den Cousins Maurice und Cheyenne Dubler die Geschicke der Toyota-Vertretung und verrät: «Wir sind dran, die Prozesse ganz allgemein zu optimieren und zu digitalisieren. Und als die Einladung vom Strassenverkehrsamt Aargau kam für den Infoabend zu Cardossier, habe ich die Chance gepackt und fand das von Anfang an spannend. Zudem ist alles sehr bedienfreundlich und transparent aufgebaut. Klar gab es anfangs Kinderkrankheiten, weil Meldungen beispielsweise nicht direkt bei der zuständigen Person landeten. Aber das ist behoben. Stimmt doch mal was nicht, hilft der Support sofort.»


So einfach funktioniert die elektronische Vorläufige Inverkehrssetzung – kurz eVIV – über Cardossier. Dadurch lassen sich der Zeitaufwand für Disposition und Verkauf und unnötige Fahrten zum Strassenverkehrsamt stark reduzieren. Foto/Grafik: Adnovum AG/Cardossier

Clever und simpel zugleich
In dem AGVS-Mitgliedsbetrieb wird zudem geschätzt, dass die einzelnen Verkäuferinnen und Verkäufer auch unterschiedliche Logins hinterlegen können. «Das ist vor allem bei Rückfragen ein grosser Vorteil», erläutert Markus Dubler und checkt kurz das Dashboard mit dem Status verschiedener Anfragen. Der Geschäftsführer sieht als weiteren Vorteil, dass er eine Meldung problemlos im Vorfeld erfassen und dann noch ergänzen kann, wenn die Kundin oder der Kunde vor Ort ist. «Die digitale Inverkehrsetzung über eViV ist für uns eine sehr grosse Erleichterung im ganzen Dispo-Prozess, denn bei einem Betrieb unserer Grösse muss das der Verkäufer noch selbst machen», so Dubler.

Ein weiterer Vorteil der provisorischen Verkehrsberechtigung mit wenigen Klicks ist nicht nur die Zeitersparnis, sondern vor allem auch das direkte Feedback. So kann man direkt noch allfällige Korrekturen vornehmen, falls es einen Tippfehler gab oder einen Zahlendreher. «Ausserdem kann man jederzeit den aktuellen Status der Vorgänge erkennen und sieht somit sofort, wenn ein Antrag abgelehnt wird, und kann darauf reagieren», macht Jenny Peurois deutlich. «Im Kanton Aargau wird der Antrag für die Inverkehrssetzung auch gleich digital übermittelt. Somit erhalten Garagen hier direktes Feedback», erläutert sie. «Für alle anderen Kantone sowie für Liechtenstein kann ein anerkanntes PDF-Formular erstellt werden, das dann per Post oder persönlich geliefert werden kann. Wir sind aber dran, weitere Kantone direkt anzubinden.» Gibt es vielleicht noch etwas anderes, das Dubler am eVIV noch vermisst? «Neuschilder und Wechselschilder zu beantragen geht noch nicht», verrät der AGVS-Garagist, «aber dran arbeiten die Entwickler schon, wie mir Jenny Peurois versichert hat; nur brauche es dazu bei den Strassenverkehrsämtern ebenfalls noch weitere Digitalisierungsschritte.»

Netzwerk soll weiterwachsen
Doch was ist eigentlich mit den möglichen Provisionen, die man durch Versicherungsabschlüsse als Garagistin oder Garagist erwirtschaften könnte, wenn man nun alles digital erledigt? «Vielleicht könnte man da noch etwas mehr profitieren», gesteht Garagist Dubler, «aber für uns passt es. Unsere Versicherungspartner und die Toyota Protect sind im System hinterlegt. Die Effizienzsteigerung ist wichtiger.» Den Anfang der vollintegrierten Versicherungsanbindung für Offerten machte bei Cardossier einst die Automate Insurance AG; inzwischen ist das Portfolio gewachsen, und weitere Anbieter können schnell integriert werden. Falls eine Kundin oder ein Kunde also beim bestehenden Anbieter bleiben will, geht das ebenfalls. Wie zum Beweis klickt Markus Dubler aufs Auswahlfeld und scrollt durch die grosse Anzahl Versicherer, die in Cardossier hinterlegt sind. Genau wie deren Anzahl soll natürlich auch die Anzahl der angeschlossenen Garagen noch weiter wachsen. Tönt fast zu gut, um wahr zu sein. Hat Cardossier keinen Haken, etwa den Preis für die ganze Digitalisierung? Jenny Peurois sagt lachend: «Nein, das eVIV-Portal ist zwar nicht kostenlos, aber ein Abo für eine Garage durchschnittlicher Grösse kostet lediglich 50 Franken pro Monat – und damit sichert man sich bis zu 120 eVIV-Prozesse im Jahr. Zudem zahlt man erst nach Ablauf des kostenlosen Probemonats und es gibt noch weitere Abo-Modelle.»
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